Wie der Inhalt einer normalen Motorhaube sieht es nicht aus, was sich im Innern des Energiesparflitzers „Schluckspecht 5“ verbirgt: Alexander Ressler inspiziert gerade das Steuergerät. Eigentlich hatten der Mechatronik-Student und das Team eine Testfahrt angesetzt, doch die Technik macht den Studierenden einen Strich durch die Rechnung: „Gerade will die Elektrik nicht so richtig.“ Die Testfahrt fällt flach, nun muss erst das Problem behoben werden. „Unser Ziel ist es, ein immer besseres Fahrzeug zu entwickeln“, sagt Alexander Ressler, der sich in seiner Bachelor-Arbeit mit dem Steuergerät des dieselbetriebenen Flitzers auseinandersetzt. Er ist schon ein alter Hase im Team, seit dem dritten Semester ist er dabei, mittlerweile ist er im letzten Semester und schreibt an seiner Abschlussarbeit. „Es ist einfach eine tolle Atmosphäre im Team, wir arbeiten gut zusammen und entwickeln immer wieder etwas Neues – in diesem Projekt können wir all das praktisch anwenden, was wir zuvor in der Theorie gelernt haben.“
Auch Stefanie Roth ist schon lange dabei – angefangen hat die Elektrotechnik-Studentin als Fahrerin des „Schluckspecht 3“, der mit einem Lithium-Ionen-Akku angetrieben wird. Mittlerweile leitet sie das Team. In diesem Jahr rechnet sie sich und dem Team gute Chancen auf eine Top-3-Platzierung in der Klasse aus, in dem der „Dreier“ beim Shell-Eco-marathon startet. Denn ein Antrieb mit Solarzellenunterstützung ist nicht mehr zulässig – und die meisten Konkurrenten waren bisher mit solarbetriebenen Flitzern an den Start gegangen. In diesem Jahr freuen sich die rund 40 Teammitglieder, bestehend aus Elektrotechnikern, Maschinenbauern, Mechatronikern und Medienstudierenden, besonders auf den Shell-Eco-marathon: Zum 30. Geburtstag des Rennens sind Studierende aus ganz Europa nach London eingeladen.
Seit 1998 ist die Hochschule Offenburg mit verschiedenen Schluckspecht-Modellen am Start. In diesem Jahr soll es laut Ralph Oberle, Teamchef des „Fünfers“, auch mit dem neuen Weltrekord klappen: „Wir wollen endlich die 400 Kilometer mit einem Liter Diesel fahren, das ist das Ziel.“ Das Schöne am Shell-Eco-marathon sei, dass die Autos nur von Studierenden entwickelt werden und dass man so viele unterschiedliche Studierende aus vielen verschiedenen Ländern kennenlerne. „Bei uns ist alles selbst programmiert und konstruiert – wir sind ziemlich stolz auf unser Carbon-Monocoque, das so derzeit auch in der Autoindustrie eingesetzt wird“, sagt Ralph Oberle, der den Master in Elektrotechnik und Informationstechnik macht. Die besondere Neuerung in diesem Jahr sei ein High-End-Kettengetriebe, mit dem unter Last geschaltet werden kann. „Außerdem haben wir ein komplett überarbeitetes Fahrwerk“, ergänzt Alexander Ressler.
Zwischendurch schaut auch Professor Claus Fleig bei seinen Studierenden im Labor vorbei – ein Industriepartner hat seinen Besuch angekündigt und möchte sich über den Schluckspecht informieren. „Für die Unterstützung durch die Industriepartner sind wir sehr dankbar – sonst könnten wir viele Ideen nicht umsetzen“, sagt Stefanie Roth, die – wie ihre Kommilitonen auch – vor allem die Teamarbeit und die gut funktionierende Zusammenarbeit so vieler verschiedener Fachrichtungen in dem Projekt schätzt: „So werden wir bestens auf die Arbeit in der Industrie vorbereitet.“ Doch jetzt steht für das Team erst einmal ein Training auf der Alain-Prost-Rennstrecke im französischen Le Mans an.
Über den Shell-Eco-marathon: Beim Shell Eco-marathon Europe wird in zwei Kategorien gefahren. In der „Urban-Concept-Klasse“ müssen die Fahrzeuge prinzipiell für den Straßenverkehr geeignet sein, dagegen sind in der Klasse der „Prototypen“ der Konstruktion kaum Grenzen gesetzt. Der „Schluckspecht 5“ startet in der „Urban-Concept-Klasse“, der „Schluckspecht 3“ bei den „Prototypen“. In beiden Kategorien gibt es zwei Hauptarten von Motoren: Verbrennungs- und Elektromotoren. Beim Verbrennungsmotor können die Teilnehmer zwischen Benzin, Diesel, Ethanol, synthetischem Diesel aus Erdgas (GTL) oder Erdgas (CNG) wählen, beim Elektromotor zwischen Batterie und Brennstoffzelle. Im Wettkampf müssen die Fahrzeuge zehn Runden auf dem Parcours zurücklegen, um in die Wertung aufgenommen zu werden. Dabei dürfen sie nicht länger als 39 Minuten fahren, die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt mindestens 25 km/h. Danach wird der Kraftstoffverbrauch ermittelt und hochgerechnet, wie weit das Fahrzeug gekommen wäre, wenn es einen ganzen Liter Kraftstoff oder eine Kilowattstunde Strom verbraucht hätte. Sieger ist das Team mit der weitesten Strecke.
Alle Infos unter <link http: www.schluckspecht.net external-link-new-window external link in new>www.schluckspecht.net
Wenn Studierende gemeinsam schrauben
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Das Studierendenprojekt "Schluckspecht" ist eine Erfolgsstory an der Hochschule Offenburg. Dieses Jahr geht's zum Jubiläums-Shell-Eco-marathon nach London und die Vorbereitungen sind längst in vollem Gange - ein Besuch im Labor.